Zeit für den zweiten Blogpost zur #som11, der Swiss Online Marketing Messe. Zeit auch für ein wenig substantielle Kritik. Und, der Bogpost Nr. 3. mit sehr viel Lob und Best-Practice-Beispielen kommt – gleich! Disclaimer: Ich schreibe aus meiner persönliche Perspektive und lege meine persönlichen Maßstäbe an; möglich, ja wahrscheinlich, dass ich anecken mag.
Der erste und der letzte Vortrag des zweiten Tages in den jeweiligen Praxisforen beschäftigten sich mit unterschiedlichen Aspekten von Cross-Media. Beide Beiträge stellten auf ihre eigene Art unter Beweis, wie es sich anfühlen muss, ein Geschäftsmodell zu vertreten, dem gerade durch das Web 2.0 und die Durchdringung aller möglichen Lebenssituationen durch Social Media die Basis gehörig verschoben, um nicht zu sagen entzogen wurde.
Was der <pressetext-Marketingchef Dr. Wilfried Seywald> über <Social Media in der Pressearbeit> zu sagen hatte, ist schnell zusammengefasst: < >.Dafür gab es umso mehr Werbung für ihn selbst resp. seine Agentur. Was sich an der kurz zuvor in Berlin offen zur Schau gestellten Ignoranz der bisherigen vermeintlichen Meinungshoheiten über die Twitter-Präsenz des Regierungssprechers Steffen Seibert offen bekundet hatte, erfuhr durch diesen <Kommunikationsmanager> eine weitere Bestätigung: Die nackte Angst, die bisherige Position als Gatekeeper zu verlieren.
Was hätte ich mich erwartet? Einen Input zur Frage, ob etwa bisherige klassische Presseagenturen etwa die Moderatoren, oder besser, die Kuratoren für die unermessliche Flut an direkter, authentischer und ungefilterter zeitgleich auf alle Rezipienten niederprasselnde Informationsflut sein könnten. Stattdessen hätte nicht viel gefehlt, und der Herr Doktor hätte die Heizdecken ausgepackt und wir hätten uns das letzte Hemd ausgezogen, um diese zu kaufen. Dass mich meine Meinung nicht ganz trügt, fand ich via Twitter ebenso bestätigt wie in der Tatsache, dass fast die Hälfte des Publikums bei der Eigen-PR den Vortrag verlassen hatte…
Der letzter Beitrag aus dem so genannten Praxisforen trug den klangvollen Titel <Cross Media Marketing – Die Integration von traditionellem Marketing, Internet Marketing und Social Web>, noch klangvoller der Name des Referenten <Sanjay Sauldie>, der als hochwohllöblicher <Direktor des Schweizer Internet Marketing Instituts> zudem unter dem Twitter-Account @topredner fungiert. Klangvoll kann musikalischen Überlegungen wohl nur etwas sein, das innen hohl ist. Warum ist mir diese Erkenntnis nicht schon vor diesem Beitrag gekommen?
Doch zum Thema: iROI, dem Zeitgeist-i folgend, heisst aber banal nur Internet-Return-on-Investment – welch brilliantes Thema an einer Online-Marketing-Messe; und crossmedial zu sein, Medien zu verknüpfen und in den jeweiligen Tonalitäten auf deren Klaviatur spielen zu können – Herz, was willst du mehr? Nun, die Schlagworte seien gebracht, sie sind schön eingänglich und leicht wiederverwendbar:Im <Web 0.x> war man „Konservativ“ und hatte eine Website als Webvisitenkarte.Im <Web 1.0> betrieb man bereits „Konversion“ und machte aus einem Website-Besucher einen Kontakt und schließlich einen Kunde.Im <Web 2.0> treibt man nun „Konversation“, man unterhält sich mit seinen Kunden, hört ihnen zu; der Vergleichspunkt zum landläufigen Medienverhalten sei übrigens <Radio-Hören>.Das <Web 3.0> baue nun auf „Konfidenz“: Eine Firma wird ihr Selbstvertrauen haben, hat die Macht der Masse (wow, Canetti!) erkannt, betreibt Open Innovation und Crowdsourcing, ja, man fragt seine Kunden, um nicht zu sagen den Markt nach den Bedürfnissen.Im <Web 4.0> komme es nun auf die „Kontinuität“ an, um seinen iROI resp. seinen Internet-Marketing-Strategieplan ethisch sauber umzusetzen.
Saurer Wein in alten Schläuchen:
- Ja, der Einsatz von Social Media ist unbestritten.
- Ja, Googel-Adwords und Analytics und Alerts sind die klassischen Arbeitsmittel der Webworker.
- Ja, man kennt seine Kunden und seine gewünschten Zielgruppen und füttert sie entsprechend, vom 1. unbeteiligten Offliner, den 2. inaktiven Vorstand/CEO, den 3. klassischen Zuschauer, aber auch die 4. sozial Aktiven [grandiose Facebook-Falscheinschätzung: <Der Freund meines Kunden ist ein potenzieller Kunde.> – Nein, der Freund meines Kunden ist der Freund meines Kunden.]. Man kennt 5. die Sammler, die allen Themen „etwas haben“, dementsprechend weiß man 6. um seine Kritiker und kümmert sich um seine <Social Media Reputation>, und dass sich jeder, der etwas an den Mann und die Frau bringen will, alle 10 Finger abschlecken darf, wenn es schließlich 7. auch noch Macher gibt, die freiwillig und unaufgefordert neuen Content zum eigenen bestehenden einbringen.
iROI? Oi-oi-oi…
Es geht schlicht um die Verantwortung – welch Erkenntnis! – die ein Anbieter seinem Kunden gegenüber hat. Wie passend doch der Aufrüttler von @StefanMurawski <Vergessen Sie die Zielgruppe, der Inhalt findet seinen Weg.> So findet das Gedankengut der Nachhaltigkeit im Umgang mit seinen Ressourcen etwa seinen Weg zur NGO und zurück zu deren Unterstützern, und das leere Geklingel der Marketing-Worthülsen den Weg vom @topredner zu den Werbe-Lemmingen und zurück in die Welt der xfach kopierten und gerade doch nicht nachhaltig erfolgreichen Stehsätzen.
Weitere Eindrücke der Swiss Online Marketing 2011:
- <Was man spricht – wie man schreibt> und ein paar Twitterstories von #som11, hier nachzulesen
- <Die dummen und die klugen Fragen> zu Social Media (upcoming)