In Zweifelsfällen befrage man den Arzt #600Geheimnisse

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brausebad männer hofrat putzblog hofratsrat 600geheimnisseUnd schon wieder vergeht die Zeit, die Sommerlöcher werden tiefer und breiter und füllen sich mit Ungustiösem. Auf zu einer Runde aus den beliebten Ratschlägen und Geheimnissen, die unter #HofratsRat zum liebevollen Missverständnis geführt haben, ich würde einen Putzblog (quoting @da_frei) führen. Diesmal möchte ich mich einem ganz besonderem Thema widmen:

Körper-, Gesundheits- und Schönheitspflege

Die Temperaturen verleiten leider immer noch so manches Mitglied unserer Gesellschaft, weniger als auch schon auf sich zu achten. Dies führt zu unangenehmen Situationen: Darf man dem mitreisenden Endvierziger in der S-Bahn sagen, dass er sein Hemd besser schon vor zwei Tagen gewechselt hätte? Oder ein beiden Teeniegirls in der Strassenbahn, dass, wenn es schon olfaktorisch bedenkliche Fusskleider sein sollen, doch lieber nicht die geschlossenen Sommerstiefel zu wählen wären?

384. Atem, übelriechender.
Eine starke Abkochung von Zinnkraut und damit spülen.

Nur: Wissen die werten Mitreisenden im täglichen Pendelzug, wo sie denn Zinnkraut finden könnten? Ja gar, wie es denn aussehen mag? Noch schnell etwas fürs Wer-wird-Millionär-Allgemeinwissen: „Acker-Schachtelhalm“ (Equisetum arvense), auch Zinnkraut, Acker-Zinnkraut, Katzenwedel, Pferdeschwanz, Schaftheu,Pfannebutzer oder Scheuerkraut genannt. Und ein wenig über die weiteren Kräfte dieses Wundergrases im kosmetischen Bereich: So werden die Extrakte des Zinnkrauts auch wegen der Stärkung des Bindegewebes, zur Entzündungshemmung, Hautstraffung, Durchblutungsförderung und der adstringierenden Wirkung wegen verwendet, sogar gegen fettiges Haar wird der Schachtelhalm in der Kosmetik eingesetzt. Und Mundgeruch? Ok, einfach nur Zähneputzen wäre wohl langweilig gewesen…

389. Achselhöhlenschweiss.
Die Achselhöhlen öfters mit einer Abkochung von Eichenrinde waschen.

Der Weg zur Arbeit. Morgens gehts ja noch, aber abgekämpft und fertig, abends, im Bus, ein verfänglicher Griff zu den Handläufen und schon ist es geschehen. SCHWEISSFLECKEN! Entstanden aus ACHSELHÖHLENSCHWEISS! Wie gut, hat die vorsorgliche Hausfrau (oder der vorsorgliche Hausmann, oder die vorsorgliche Hausfamilie, oder der vorsorgliche Was-auch-immer-und-wer-auch-immer-und-welches-Gender-auch-immer, alles, was ich hierzu noch schreibe, verfängt mehr und mehr in den Untiefen einer provozierten… Ach was, also: Hausfrau) vom wochenendlichen Wanderausflug ein bisschen Eichenrinde von der guten Steineiche oder einer der 400 bis 600 anderen Arten der Eiche, davon bis zu 450 in der Untergattung Quercus und bis zu 150 in der Untergattung Cyclobalanopsis, gesammelt, abgekocht und abgefüllt, als Roll-on oder Pumpspray, selbstverständlich FCKW-frei.

Quintus Ennius
Portrait Quintus Ennius, römisches Mosaik, 3. Jh. n. Chr., Ort: Museo della Civilta Romana, Rom

An dieser Stelle muss ein kleiner Exkurs zum Thema Eiche folgen. Der Gattungsbegriff Quercus ist bei Quintus Ennius (man möge den literaturgeschichtlichen Märchen zur Person des Autors auf der Wikipedia glauben) wird in seinen Annales1Zitiert nach der Teubnerausgabe von Johannes Vahlen: Ennianae poesis reliquiae. Teubner, Leipzig 1903, Volltext verfügbar auf archive.org. Im Übrigen ist natürlich auch TheLatinLibrary ein heisser Tipp für einzigartige Texte zum ersten mal genannt – im Buch VI der fragmenta quae exstant omnia:

Arbores ad rogos faciendos caeduntur

Incedunt arbusta per alta, securibas caeduot,
Percellunt magnas quercus, exciditar ila,
Fraxinus frangitur atque abies constemitur alta,
Pinus proceras peruortunt: omne sonabat
Arbustum fremitu siluai frondosai.

Und schon bin ich weg: In die Weiten der frührömischen Dichtung abgetaucht, zur Gattung Epos, zur Dichtungstheorie und Überlieferungsgeschichte von klassischen, vorklassischen und antiken Texten überhaupt. Was für eine grandiose Sprache, welch Ästhetik, noch rauh und ungehobelt, schier grob und brachial. Archaisch. Und denke mir: Es ist schon eine wirklich geniale Zeit gewesen, dieses Jahre der Philologie in Graz, Heidelberg, Tübingen, Freiburg, Dublin, Wien, Basel, Zürich und wo auch immer ich davon profitieren durfte…

Ja: In Zweifelsfällen sollte man tatsächlich einen Arzt konsultieren. Aber nicht, wenn man sich die Zähne putzen und ein Deo verwenden kann oder sich Zeit nimmt im Leben für Dinge, die auf den ersten Blick sinnlos erscheinen. Es ist eine wunderbare Zeit. Und ja, hier ist noch einiges unfertig, mal sehen, vielleicht wirds noch was mit einem gscheiten Literaturblogpost 🙂

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    Zitiert nach der Teubnerausgabe von Johannes Vahlen: Ennianae poesis reliquiae. Teubner, Leipzig 1903, Volltext verfügbar auf archive.org. Im Übrigen ist natürlich auch TheLatinLibrary ein heisser Tipp für einzigartige Texte
Hofrat
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