Xochiltlepec, Temoá und die Ananas auf der anderen Seite des Hügels #myjourney Tag 5

Ein Tag, der um knapp 5 h morgens beginnt: Draussen donnnert – wie schon gewohnt – der Verkehr vorbei, aufs Dach trommelt der Regen in dicken Tropfen, der Wecker schüttelt mich hoch. Etwas müde, der Polizeieinsatz der vergangenen Nacht sitzt mir noch in den Knochen.

Verkehrsstau auf dem Weg nach Temoá
Verkehrsstau auf dem Weg nach Temoá

Treffen im Hotel, der Fuhrpark besteht aus Offroadern. Ein oft gehörtes Vorurteil, Hilfsorganisationen würden vom Spendengeld zuerst fette Allrad-Autos kaufen. Nun, meine zweite Fahrt in ein ADP, ein so genanntes Area Development Project, ein regionales Entwicklungsprojekt, biegt von einer der Hauptstrassen aus Managua ab und die Frage erübrigt sich sofort: Eine Art Feldweg, ungeteert und ungeschottert, die Regenzeit sorgt für die nötigen Schlaglöcher und Gruben, gefüllt mit dem Wasser der letzten Regennacht. Offroader haben hier zum ersten Mal ihre Berechtigung. Und wenn man als Hilfswerk nicht helfen kann, weil man gar nicht zu denen hinkommt, die die Hilfe brauchen, hats auch keinen Sinn…

Francisco
Francisco, 6, geht nun selbstverständlich in die Schule...

Der erste Eindruck vom zweiten ADP, das „Dorf“ Temoá – man würde es vielleicht eher als langgestreckte Siedlung auf einem Hügelrücken eines auslaufenden Vulkans bezeichnen, ist radikal anders als der von Ticuantepe. Wir sind auf dem Land, hier geht es um ländliche Entwicklung und um echte Basisbedürfnisse: Das Haus der Familie Blas ist eine Wellblechhütte, die Kochstelle ein mehr oder weniger befestigtest Zelt, eine weitere Schlafhütte daneben. Topgepflegt der Garten, Kürbis, Drachenfrüchte, Bohnen, Mais. Was World Vision hier macht, ist die Frage: Eine Schule hat man gebaut. Und Frau Blas ist ausgebildete Multiplikatorin für die Ernährung von Kleinkindern. Der 20-jährige Sohn konnte nicht in die Schule gehen, kann eigentlich nicht lesen und schreiben, der 6-jährige ist in der Schule und die vier weiteren Geschwister zeigen deutlich, wer von ihnen wie lange zur Schule gehen durfte.

Auch in der Landwirtschaft ist die Entwicklung sichtbar: Früher lag der Acker für Ananas, Pitaya (Drachenfrucht) und Quequisque auf der dem Masaya-Vulkan zugewandten Hügelseite, der Ertrag dementsprechend gering und die Ernte geschmacklich nicht zu verkaufen. Gemeinsam mit den Landwirtschaftsentwicklern von World Vision wurde der Acker auf die andere Hügelseite verlegt und plötzlich steigt der Ertrag und die Qualität, und damit die Qualität der Ernährung der Bauersfamilie und die Lebensqualität aller, die davon essen, damit handeln und sie weiterhin kaufen. Sogar aus Europa und Japan kommen Delikatessenhändler mittlerweile, um die roten Pitaya zum Essen oder als Zierobst zu kaufen.

Der ganze Acker gehört einzelnen Familien – für europäische oder us-amerikanische Verhältnisse verschwindend klein, hier ernährt er ganze Familien und Dörfer. Ein Drittel Hektar gross ist die Fläche, die einer Familie zusteht. Kaum vorstellbar…

Hofrat
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