Es kam, wie es kommen musste: Nach einem langen Tag und einem anstrengenden Abendbriefing mit dem Team gings kurz vor Mitternacht Nicaragua-Time (= 8h morgens CET/MEZ) zuerst zu meiner Couch in die Calle Principal. Die beiden Halbstarken mit ihrem Moped ohne Nummernschild, aber umso grösseren Faschingsorden auf Schulter und Brust hielt uns auf.
In Managua ist ein Auto mir einem kaputten Abblendlicht, aber funktionierendem Parklicht durchaus eine Seltenheit, denn dass auf beiden Seiten mindestens ein Licht sicher funktioniert zeichnet Urs‘ Auto vor vielen anderen, die gänzlich ohne Licht fahren, aus. Auch hatte er seinen Nica-Führerausweis noch nicht wieder von den Behörden abgeholt. Und zu meinem Unglück hatte ich meinen Pass an diesem Sonntags-Touri-Ausflugstag nicht mitgenommen (und trage ihn doch seit 4 1/2 Jahren täglich auf mir, seitdem ich in der Schweiz bin…).
Nun, voll zugedröhnt oder besoffen hielt uns der 3/4-starke von den beiden halben Polizistenportionen auf und gab uns den Ratschlag, beim Parkieren doch das Parklicht einzuschalten. Um danach nach Ausweisen zu fragen. Die Urs vollständig (halt statt seines Führerscheins eben die behördliche Bescheinung der Hinterlegung) dabei hat und ich eben nur meinen österreichischen Führerschein im Kreditkartenformat, der wie eine normale ID aussieht. So weit, so gut, so schlecht.
Nun, die Einzelheiten spare ich hier aus (Time elapsing t-20 min). Gott sei Dank blieb Urs einigermassen ruhig ob er Idiotie des Polizistchens. Unsere Strategie war: 1. ruhig bleiben; 2. reden; 3. Mit auf die Distrikts-Wache gehen und mit dem Chef verhandeln; 4. die Botschaft anrufen (ja, ich hab die Notfallnummer des österreichischen Aussenministeriums bei mir im Handy eingespeichert: +435011504411 und auch den Twitteraccount @minoritenplatz8 (letzterer hätte ausnahmsweise wohl weniger geholfen, da wohl eher zu Polit-Marketing-Zwecken geführt…).
Die Diskussion zog sich, um das halbkaputte Licht gings schon lang nicht mehr. Seine Schwäche spürend holte die 3/4-Portion seine 3/8-Portion zur Unterstützung dazu, dass wir nun auf die Wache fahren sollten. Ich selbst stieg sofort hinten ein – besser keinen Typen mit Waffen im Genick haben, selbst wenn sie eine Dienstmarke mit der Nummer 13502 tragen und Antonio heissen…
Die nächsten Forderungen liessen nun schnell erahnen, worum es eigentlich ging: Wir könnten die Strafe doch gleich hier in bar bezahlen und nicht auf der Wache und ohne Protokoll – DINERO!
Und dann, die Stichworte „Name, Nummer, Vorgesetzter, Botschaft“ und das von mir viel beschworene Allheilmittel der Krisenkommunikation „Entschuldigung“ haben zum Erfolg geführt: Ich bekam meinen Führerschein wieder, Urs hatte sämtliche Dokumente bei sich und wir konnten beide ohne weiteres abfahren.
Ein Erlebnis der speziellen Art auf #myjourney – Explorer-Style pur! Danke Urs aka @freedlich auf Twitter – nomen est omen 😉
Tja, so läufts in Lateinamerika. Hab ich X-Mal so erfahren. Wenn die Polizisten euch auf den Posten hätten mitnehmen müssen, hätte dies nur Aufwand für sie bedeutet. Das Ergebnis wäre gewesen, dass sie Variante a) einen Zusammenschiss vom Chef kassieren oder b) dass der Chef ein paar Dollares mehr als sie kassieren würde, sie aber leer ausgehen. Da sie ihren Chef nicht mögen, werden sie ihm den Gefallen auch nicht machen.
Das Spiel kann natürlich über einige Instanzen so laufen. 😉